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Ammoniak als Transportmittel

Wenn heute vielfach vom „Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft“ die Rede ist, kommt einem dabei nicht zwingend sofort Ammoniak in den Sinn. Dabei ist Ammoniak als Transportmedium für Wasserstoff hinlänglich erprobt und wird als solches bereits eingesetzt – und das in industriellem Maßstab.

Der Transport kann in Behältern bei Normaltemperatur und niedrigen Drücken erfolgen, was die energetische Bilanz gegenüber einem Transport von verflüssigtem Wasserstoff in Drucktanks deutlich verbessert. Dazu wird Ammoniak produziert, transportiert und am Ort des Verbrauchs in Stickstoff und Wasserstoff aufgespalten.

Sollen die Ziele der EU-Kommission im Green Deal erreicht werden, wird um die massenhafte Verwendung von grünem Ammoniak und dessen Import nach Europa kein Weg herumführen. Deutschland entspricht diesem Weg mit der Nationalen Wasserstoffstrategie. Schwerpunkt hier ist die Dekarbonisierung einerseits der chemischen Industrie und andererseits der Stahlerzeugung. Beide brauchen Wasserstoff als Grundstoff für andere Produkte oder als Reduktionsmittel, um Sauerstoff aus Roheisen lösen zu können. Kurz gesagt: Die Verwendung von Wasserstoff – insbesondere in seiner grünen Variante – ist für beide Branchen in Zukunft schlicht alternativlos, wenn sie ihre Klimaziele erreichen wollen. Dabei ist der Bedarf an Wasserstoff beachtlich: Bisher werden in der deutschen chemischen und pharmazeutischen Industrie nach Angaben des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) umgerechnet 137 Terawattstunden Erdgas jährlich genutzt. Bei insgesamt 1.000 Terawattstunden Erdgas, die in Deutschland insgesamt pro Jahr verbraucht werden, sind dies immerhin knapp 14 Prozent, wobei etwa ein Viertel davon als Rohstoff für die Wasserstoff- und Stickstoffherstellung dient. Diese 34 Terawattstunden müssen in Zukunft mit grünem Wasserstoff abgedeckt werden. Ohne Importe ist dies nicht zu bewältigen. Folglich braucht es Mittel und Wege, diesen Transport zu bewerkstelligen – und hier kommt Ammoniak ins Spiel.

Was ist Ammoniak?

Die chemische Summenformel des Ammoniaks lautet NH3. Bei Normaldruck und Raumtemperatur ist Ammoniak gasförmig, bei Abkühlung unter −33 °C oder bei Kompression auf knapp 9 bar, also das Niveau von Flüssiggasen wie Propan und Butan, wird es flüssig. Die Dichte liegt gasförmig bei 0,73 kg/m³ und flüssig bei 0,68 kg/l. Unter 9 bar Druck wird es bei 20 °C flüssig. Bei seiner Verbrennung entstehen Stickstoff und Wasser, bei der Regasifizierung, etwa beim Wasserstofftransport, Stickstoff und Wasserstoff.

Industrielle Bedeutung
Weltweit werden jährlich etwa 200 Millionen Tonnen Ammoniak hergestellt. Dafür werden 2 Prozent der weltweiten Energieerzeugung aufgewendet. 75 Prozent des Ammoniaks werden für die Düngemittelproduktion verwendet.

Ammoniak kommt zudem etwa (aber nicht nur) als „Ad Blue“ in der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen zum Einsatz – hier in gelöster Form als Harnstoff. Ammoniak selbst könnte auch als Brennstoff verwendet werden. Mit einer Energiedichte von 17,2 MJ/kg oder 5,2 kWh/kg kommt er aber nur auf die Hälfte der Werte von Benzin oder auf ein Sechstel von flüssigem Wasserstoff, weswegen eine Nutzung bisher nicht infrage kommt.

Herstellung von Ammoniak
Ammoniak wird aus Stickstoff und Wasserstoff mittels des sogenannten Haber-Bosch-Verfahren synthetisiert. Dabei reagieren Stickstoff und Wasserstoff bei 200 bar und 450 °C mittels Eisenkatalysator nach der Formel N2 +3H2 → 2NH3. Bei der Wiedergewinnung des Wasserstoffs aus Ammoniak gilt die umgekehrte Formel.

Geforscht wird derzeit an einer CO2-freien Variante der Herstellung. Denn die Emissionen beim klassischen Herstellungsverfahren mit 1,9 Tonnen CO2 je Tonne sind immens, insbesondere durch die energieintensive Gewinnung von Stickstoff aus der Luft und durch die Dampfreformierung von Erdgas (Methan, CH4) zu Wasserstoff und Kohlendioxid. Nur wenn dies gelingt, kommt Ammoniak als „grüner“, weil klimaneutraler Transporteur von Wasserstoff infrage.

Ein klimaneutrales Verfahren würde erneuerbare Energiequellen nutzen und nennt sich Power to Ammoniak (PtA). Da dafür massenhaft günstige grüne Stromquellen sowohl für die Elektrolyse von Wasser zu Wasserstoff als auch für die Stickstoffgewinnung zur Verfügung stehen müssten, kämen als Produktionsstandorte nur sonnen- und windreiche Weltregionen infrage, etwa Nordafrika, Südamerika und der Nahe Osten. Von dort wäre eine Versorgung Europas per Schiffstransport problemlos möglich.

Speicher- und Transportfähigkeit von Wasserstoff
Ammoniak kann zudem als Transportmittel für Wasserstoff fungieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Wasserstoff muss aufwendig gekühlt und in gekühlten Tanks transportiert werden, entweder flüssig bei 20 °C und einer volumenspezifischen Energiedichte von 2,4 kWh/l oder gasförmig bei 700 bar in CFK-Druckflaschen mit 1,35 kWh/Liter. Der Energieverbrauch ist dabei immens und entspricht bei der Verflüssigung in etwa 30 Prozent und bei der Drucklagerung 12 Prozent des Heizwerts des transportierten Wasserstoffs.

Bei Ammoniak reichen entweder Drucktanks oder gekühlte Tanks. Üblich sind wegen des geringeren Energieverbrauchs Drucktanks.

Möglich wären auch Adsorptions- oder Metallhydridspeicher. Doch deren Erforschung steht noch am Anfang. Bisher überwiegen die Nachteile wie geringe Speicherfähigkeit und langsame Auf- oder Abgabe des Wasserstoffs. Die größte Konkurrenz für Ammoniak als Transportmedium für H2 stellen aktuell organische Trägersubstanzen dar, da sie schon unter Normaldruck flüssig und vollkommen ungiftig sind. Vor allem die sogenannten vor allem LOHC (liquid organic hydrogen carriers) und hier insbesondere Dibenzyltoluol (DBT) kommen dafür infrage.

Für Ammoniak hingegen spricht die große Erfahrung im Umgang mit der Verbindung, da es schon jetzt zu den weltweit am meisten gehandelten und transportierten Chemikalien gehört. So kann es sicher transportiert und am Ort des Verbrauchs in Stickstoff und Wasserstoff bei Temperaturen um etwa 700 °C aufgespalten werden.

Ist das sinnvoll?

Zwangsläufig kommt Ammoniak eine große Bedeutung beim Wasserstofftransport zu, wenn es sich um große Mengen und lange Transportwege handelt. Es ist bisher das einzige Transportmittel, das diese Aufgabe erfüllen kann. Produktionsgegenden für grünen Wasserstoff und damit für grünes Ammoniak nach der PtA-Methode wären der Nahe Osten, Nordafrika, Australien und Chile. Der dort hergestellte Ammoniak kann nur mittels Schiff nach Europa gelangen.

Fazit

Ammoniak ist derzeit und wohl auch auf absehbare Zeit die energiesparendste Lösung, um per Elektrolyse hergestellten grünen Wasserstoff von den Produktionsländern nach Europa auf dem Wasser, aber auch auf dem Land zu transportieren. Der große Vorteil liegt in der großen Erfahrung mit dem Transport dieser Chemikalie, für die schon eine komplette Infrastruktur existiert. Diese kann speziell für die Bedürfnisse des Wasserstoffverbrauchs erweitert werden. Für alle anderen möglichen Transporttechnologien gibt es weder vergleichbare Erfahrungswerte noch eine entsprechende Infrastruktur. Diese müsste erst aufwendig installiert werden.

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